Archiv

Zum Archivbestand (Sammlung Kurt Gerstein)

In Kisten, Ordnern und Akten lagert heute das überlieferte Material von Kurt Gerstein im Magazin des Landeskirchlichen Archiv von Westfalen in Bielefeld.

Herbert Weißelberg, ehemaliger Leiter des Kurt-Gerstein-Hauses in Hagen-Brechum und die Witwe Elfriede Gerstein bemühten sich mit dem Beginn der Quellensammlung um die Rehabilitierung des überzeugten Protestanten, SS-Offiziers und Holocaustzeugen Kurt Gesteins. So entstand in den 1950ern und 1960ern eine beträchtliche Sammlung, die Dokumente und Korrespondenz umfasst und dem Landeskirchlichen Archiv Bielefeld 1970 übergeben wurde. Mit der Arbeit von Dr. Hans Steinberg, dem damaligen Leiter des Archivs und seinem Nachfolger Prof. Dr. Bernd Hey konnte die Sammlung mit weiteren Dokumenten, Fotos und anderen Originalen erweitert werden. Dies geschah durch die tatkräftige Hilfe Elfriede Gersteins, sowie persönlichen Freunden und Bekannten. Darunter fand sich zum Beispiel der maschinell und handschriftlich angefertigte Zeugenbericht über den Völkermord an Den Juden in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten. Der Augenzeugen Bericht ist als “Gerstein-Bericht” bekannt und stellt die Grundlage um seine Person da. Der “Gerstein-Bericht” gilt als erster detailreicher Augenzeugenbericht über den Holocaust an den europäischen Juden und besitzt somit eine besondere historische Relevanz.

Der gesamte Bestand ist von Petra Holländer und Heike Bienefeld geordnet und verzeichnet worden. Heute ist der Bestand unter der Signatur 5.2 (Kurt-Gerstein-Archiv) im Landeskirchlichen Archiv Bielefeld für die Öffentlichkeit und somit der Forschung einsehbar.

Mit dem Bestand konnte nicht nur die Biographie von Kurt Gerstein belegt werden, es war darüber hinaus dem Archiv möglich, schon 1985 eine Informationsschau über Gersteins Leben zu präsentieren. Auch eine zweite Ausstellung von den Evangelischen Schüler- und Schülerinnenarbeit in Westfalen (eSW) mit dem Titel “Kurt Gerstein – eine fesselnde Biografie 1905-1945” konnte 1997 realisiert werden. In dem “Förderkreis Kurt Gerstein” entstand dann 1998 die Idee einer professionellen Ausstellung zur Biographie Gersteins in Kooperation mit der Landeskirche von Westfalen. Dies legte den (endgültigen) Grundstein für den Prozess der Rehabilitierung Gersteins als Widerstandskämpfer.

(Der Text ist eine kurze Zusammenfassung aus Matthias Rickling, Fünf Punkt Zwei – das Gerstein Projekt. Ein Archivbestand macht Karriere in: Claudia Brack u.a. (Hg.), Kirchenarchiv mit Zukunft. Festschrift für Bernd Hey zum 65. Geburtstag, Bielefeld 2007, S. 317 – 329.)

Online-Findbuch zur Sammlung Kurt Gerstein (LkA EKvW Bestand 5.2) im Archivportal NRW

Informationen zur Ausstellung “Kurt Gerstein (1905 – 1945) – Widerstand in SS-Uniform” und zum Film “Der Stellvertreter” von Costa-Gavras (2002)

Die Ausstellung ist in Zusammenarbeit des Landeskirchlichen Archivs Bielefeld, der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin und des Förderkreises Kurt Gerstein entstanden. Zunächst in der Gedenkstätte Berlin, ist sie bisher mit großem Erfolg in vielen deutschen Städten und auch in der französischen Hauptstadt Paris gezeigt worden. Sie würdigt die Person des SS-Obersturmführers Kurt Gerstein, der eine der interessantesten Gestalten des deutschen Widerstandes im Nationalsozialismus ist.

Die Einstufung als Mitläufer und Mittäter hat Gerstein in der Nachkriegszeit lange begleitet; erst 1963 wurde er rehabilitiert. Seine Rolle als Widerstandskämpfer wurde immer mehr anerkannt; biographische Arbeiten wurden über ihn geschrieben und seine Rolle auch in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand gewürdigt.

Vor allem Rolf Hochhuths Stück “Der Stellvertreter” (1963) trug zur Rehabilitierung Gersteins bei. Auf diesem Stück beruht der am 30. Mai 2002 in die deutschen Kinos kommende Spielfilm von Costa-Gavras “Der Stellvertreter”, in dem Kurt Gerstein nun ganz im Mittelpunkt steht. Der Film nimmt sowohl fiktive Elemente (so Gersteins Vorstoß gegen die Judenvernichtung beim Vatikan und bei Papst Pius XII.) als auch Fakten aus dem Leben Gersteins auf. Gespielt wird Kurt Gerstein im Film von Ulrich Tukur.

Mit Ausstellung und Film begegnen sich die Gestalt der Zeitgeschichte Kurt Gerstein und die fiktive Person Kurt Gersteins; bei aller “Zwiespältigkeit des Guten” hat so der “Spion Gottes” und “Zeuge des Holocaust” Kurt Gerstein (so drei Buchtitel seiner Biographien) endlich die verdiente öffentliche Anerkennung gefunden.